19.10.23
Andreas Furtmeier ist Geschäftsführer bei der bayrischen Gebäudereinigungsfirma Furtmeier Gebäudeservice KG. Im April 2023 hat er sich den ersten Reinigungsroboter angeschafft: Robomatic Marvin von der Wetrok. Im Interview erklärt der Gebäudereinigermeister, warum seiner Meinung nach teilautonome Roboter ihren vollautonomen Kollegen deutlich überlegen sind.
Herr Furtmeier, Sie haben sich kürzlich einen Reinigungsroboter angeschafft. Warum?
Sie denken jetzt bestimmt: Der Herr Furtmeier will Personal sparen. Aber so ist das überhaupt nicht – im Gegenteil. Wir suchen dringend gut ausgebildetes Reinigungspersonal! Und aus diesem Engpass bzw. der Not des Fachkräftemangels heraus, haben wir uns für den Einstieg in die Robotik entschieden. Wir möchten uns für die Zukunft wappnen.
Kann denn ein Roboter gut ausgebildete Fachkräfte ersetzen?
Nein, auf keinen Fall! Darum geht es auch gar nicht. Unser Ansatz ist vorausschauend: Wir möchten repetitive, monotone Arbeiten wie die Bodenreinigung an den Roboter delegieren, damit sich unsere Fachkräfte um anspruchsvollere Reinigungstätigkeiten kümmern können. So können wir in Zukunft, wenn das Personal nicht mehr ausreichend vorhanden ist, wenigstens einen kleinen Teil der Arbeiten durch einen Roboter abfangen. Und dies sogar noch zu garantiert immer gleichbleibender Qualität.
Mit Robomatic Marvin haben Sie sich einen teilautonomen Roboter angeschafft. Warum nicht ein vollautonomes Modell?
Glauben Sie mir, ich habe ca. die Hälfte aller in Frage kommenden Reinigungsroboter auf dem Markt getestet – querbeet, vollautonom und teilautonom. Robomatic Marvin hat für mich den praktisch und technisch ausgereiftesten Eindruck gemacht. Viele der vollautonomen Roboter sind für unsere Einsatzbereiche zu gross und sperrig. Robomatic Marvin hingegen ist sehr kompakt gebaut – er passt durch alle Türen und bewegt sich wendig durch enge Flure. Zudem kann ich ihn hybrid einsetzen: als Roboter oder auch mal als normale Scheuersaugmaschine, ein Gerät für alles – diese Flexibilität hätte ich mit einem vollautonomen Roboter nicht. Zudem mag ich den Teach & Repeat-Ansatz: Ich kann dem Roboter die Fahrbahn zeigen und er macht es nach – ohne Programmierung, ohne Kartographierung. Dies ist im Objekt, in welchem wir ihn einsetzen ein grosser Vorteil: Der Endkunde ändert oft die Umgebung und plötzlich stehen Trennwände an anderen Orten im Raum oder neue Hindernisse im Weg. Mit einem vollautonomen Roboter müsste ich da jedes Mal den Techniker kommen lassen, dem Marvin kann ich jedoch ganz einfach und selbstständig die neue Route «zeigen». Ein weiterer Punkt: Unsere Kunden sind grösstenteils noch nicht bereit für vollautomatisierte Lösungen.
Was heisst das konkret?
Die Kunden haben nicht die Umgebung für eine vollautomatisierte Maschine oder nicht die hohe Reinigungsfrequenz, die es für einen Roboter braucht, damit er sich rechnet. Um einmal pro Woche den Boden zu reinigen, lohnt sich ein vollautonomer Roboter nicht. Zudem wäre in vielen Kundenobjekten räumlich kein Platz für die Dockingstation etc. bzw. kein Aufzug vorhanden. Des Weiteren brauche ich eine Person vor Ort, die die Sauglippen reinigt, die Dockingstation wartet, den tropfenden Siphon repariert oder das Ablaufgitter von Schmutzresten befreit etc. Der Roboter kann das nicht und ist somit wieder nur für einen Teilbereich einsetzbar. Die volle Autonomie eines Roboters wird oft als Erfolgsfaktor beworben, ich sehe darin jedoch die grösste Schwachstelle: Sie macht uns unselbstständig und unflexibel.
«Ob ich autonom oder manuell reinigen will, mit dem Wetrok Roboter brauche ich nur eine Maschine dafür – diese Flexibilität fehlt mir bei vollautonomen Robotern»
In der selbstauferlegten Ethik-Charta der Firma Furtmeier ist Innovationsorientierung einer der Eckpfeiler. Hat diese Orientierung auch dazu beigetragen, dass Sie sich einen Roboter angeschafft haben?
Ja, definitiv. Unser Leitsatz lautet «Für Ihren Erfolg» – das heisst, dass wir täglich alles daransetzen, den Endkunden zufrieden und erfolgreich zu machen. Und dazu ist es ein Vorteil, den maximalen Nutzen aus neuen Technologien zu ziehen.
Wie funktioniert der teilautonome Roboter?
Ganz einfach! Ich fahre mit dem Roboter einmalig die zu reinigende Bodenfläche ab. Das Gerät speichert die Route. Stelle ich Robomatic Marvin nun das nächste Mal an den Startpunkt, reinigt er die gelernte Route vollkommen selbstständig. Quasi wie ein Kassettenrekorder mit einer Aufnahme- und Abspieltaste.
In welchem Objekt setzen Sie den Roboter ein?
Robomatic Marvin reinigt den Boden eines Produktionsunternehmen, das Anlagen zur Lösung von Fertigungs- und Automatisierungsaufgaben herstellt. Passender könnte es nicht sein: Der Roboter säubert den Boden in mehreren Hallen, in welcher seine entstehenden Roboterkollegen untergebracht sind. Es handelt sich dabei um drei Hallen à je rund 1’000 Quadratmeter mit einem aus Epoxidharz beschichteten Boden. Übrigens freuen sich die Mitarbeiter des Endkunden immer, wenn Marvin in die Halle fährt. Einmal ist er ausgefallen und da haben sich alle bereits scherzhaft erkundigt, ob denn «der Marvin» krank sei (lacht).
Mit welchen Verschmutzungen muss es der Roboter in den Hallen aufnehmen?
Mit den typischen Industrieverschmutzungen– Staub, Öle, Fette Holzspäne, Palettenabrieb, Gummiabrieb und Kaffeeflecken.
Was macht das Personal, während der Roboter den Boden reinigt?
Alles, was der Roboter nicht kann! Das heisst: Ränder reinigen und Ecken säubern. Hinzu kommen alle Arbeiten oberhalb des Bodens, wie z.B. Mülleimer leeren, Handtücher und Klopapier auffüllen, Oberflächen reinigen, Spinnweben entfernen. Das grosse Plus: All diese Arbeiten werden nun zeitgleich zur Bodenreinigung verrichtet.
Wo setzen Sie den Roboter manuell als handbediente Scheuersaugmaschine ein?
Da wir den Holzboden in der Kantine unseres Kunden nur sporadisch maschinell reinigen, macht ein «teachen» von Robomatic Marvin im Robotik-Modus hier keinen Sinn. Deshalb setzen wir den Roboter hierfür mehrmals pro Jahr manuell als herkömmliche Scheuersaugmaschine ein. Der grosse Vorteil: Bei stark haftenden Verschmutzungen oder bei eingetrockneten Flecken können wir so auch mehrmals über dieselbe Stelle fahren. Zudem setzen wir Marvin im manuellen Modus auch situativ für die Spotreinigung kleiner Flächen (z.B. Toilettenräume) oder kleine Sonderreinigungen in der Halle ein.
Wie lange haben Sie Robomatic Marvin vor dem Kaufentscheid getestet?
38 Minuten (lacht). Danach war mir klar, dass wir diesen Roboter brauchen. Seit Jahren haben wir die Scheuersaugmaschine Discomatic Mambo von Wetrok im Einsatz – äusserst erfolgreich. Übrigens eine der wenigen Scheuersaugmaschinen auf dem Markt, die den nötigen Bürstendruck für richtig starken Schmutz mitbringt. Als ich hörte, dass Robomatic Marvin auf dieser Maschine basiert, war mein Vertrauen sofort da – und meine Neugier für die robotische Weiterentwicklung geweckt.
Und, reinigt der Roboter genauso gründlich wie die Discomatic Mambo?
Absolut! Tatsächlich müssen wir nun sogar die Randreinigung öfters durchführen, weil die Fläche durch Marvin so sauber wird – da sieht man sonst den Unterschied sofort. Müssten wir unserem neuen robotischen Teammitglied ein Arbeitszeugnis ausstellen, würden wir darin die Reinigungsqualität und Effizienz in den höchsten Tönen loben. Aktuell benötigen Roboter aber zum Glück noch keine Arbeitszeugnisse (zwinkert).
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