11.02.25

Legionellen – Vorkommen, Auftreten und Erkrankungen sowie technische Einflussfaktoren in Gebäuden

Trink- und Duschwasser in Gebäuden sind schützenswerte Ressourcen. Ihre Qualität wird massgeblich durch den technischen Zustand der Trinkwasserinstallation beeinflusst. Nicht nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik geplante, gebaute und bestimmungsgemäss betriebene Anlagen stellen ein Gefährdungspotenzial hinsichtlich Erkrankungsrisiken dar. Eine wasserassoziierte Erkrankung, die Legionellose, und deren Bedeutung im Gebäude, stellen wir Ihnen im nachfolgenden Beitrag vor.

Shower With Flowing Water And Steam

Einleitung

Legionellen sind Bakterien, die in natürlichen und künstlichen Wassersystemen vorkommen. Sie können in Trinkwasserinstallationen von Gebäuden ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko darstellen. Die Schweiz unterscheidet in ihrem rechtlichen Rahmen zwischen Trinkwasser als Lebensmittel und Duschwasser als Gebrauchsgegenstand. Trinkwasser unterliegt der Lebensmittelgesetzgebung, während für Duschwasser die Vorgaben für Gebrauchsgegenstände gelten. Diese Unterscheidung bestimmt die Anforderungen an Überwachung und Kontrolle von Wasserinstallationen, insbesondere zur Legionellen-Prävention.

Die Schweizerische Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (SVGW) hat mit der Richtlinie W3/E4 ein Regelwerk geschaffen, das die Betreiber von Wasserversorgungsanlagen zur Selbstkontrolle verpflichtet. Dies soll sicherstellen, dass die Wasserqualität in Gebäuden den geltenden Hygieneanforderungen entspricht und das Risiko einer Legionellen-Vermehrung möglichst unterbunden wird.

Vorkommen und Auftreten von Legionellen

Legionellen gehören zur Gattung der gramnegativen, stäbchenförmigen Bakterien und sind weit verbreitet in natürlichen Gewässern wie Seen, Flüssen und feuchten Böden. In diesen Habitaten stellen sie in der Regel kein Gesundheitsrisiko dar. Problematisch wird es jedoch, wenn sie in technischen Wassersystemen, insbesondere in Trinkwasserinstallationen, hohe Konzentrationen erreichen.

Die Vermehrung von Legionellen wird durch verschiedene Faktoren begünstigt:

  • Temperatur: Ideale Bedingungen für ihr Wachstum liegen zwischen 25 und 45 °C. Temperaturen über 55 °C hemmen ihre Vermehrung, während sie bei über 60 °C absterben.
  • Stagnation: In selten genutzten Leitungen oder Totsträngen kann sich das Wasser erwärmen und das Wachstum der Bakterien begünstigen.
  • Biofilmbildung: Legionellen leben bevorzugt in Biofilmen, die sich an Rohrinnenwänden oder in Warmwasserspeichern bilden. Sie sind in der Lage, sich dort zu vermehren und von dort ins fliessende oder stagnierende Wasser abgegeben zu werden.
  • Nährstoffe: Organische Ablagerungen, Korrosionsprodukte und andere Mikroorganismen in Rohrleitungen und Warmwasserspeichern bieten Legionellen Nährstoffe.

Erkrankungen durch Legionellen

Legionellen können beim Menschen zwei Krankheitsbilder verursachen:

  • Legionärskrankheit (Legionellose): Eine schwere Form von Lungenentzündung entsteht durch das Einatmen von legionellenhaltigen Aerosolen, etwa aus Duschen, Klimaanlagen oder Whirlpools. Sie kann tödlich verlaufen, insbesondere bei immungeschwächten Personen.
  • Pontiac-Fieber: Eine grippeähnliche Erkrankung, die ebenfalls durch Legionellen verursacht wird, jedoch ohne Lungenentzündung verläuft. Die Symptome klingen meist nach wenigen Tagen ab.
JahrAnzahl FälleMelderate pro 100.000 Einwohner
20142933.0
20245806.5
Die gemeldeten Legionellose-Fälle in der Schweiz sind in den letzten Jahren gestiegen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die gemeldeten Fälle und die Melderate pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner für die Jahre 2014 und 2024.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Legionärskrankheit in der Schweiz weiterhin ein relevantes Problem darstellt. Besonders betroffen sind ältere Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Die saisonale Häufung der Fälle in den Sommermonaten lässt auch einen Zusammenhang mit Umweltfaktoren vermuten, beispielsweise in Verbindung mit der Aktivität von Rückkühlwerken.

Die kontinuierliche Überwachung und Meldung von Legionellose-Fällen ist entscheidend, um Trends frühzeitig zu erkennen und geeignete Präventionsmassnahmen zu ergreifen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) veröffentlicht regelmässig Lageberichte zur Legionärskrankheit, die detaillierte Informationen zur epidemiologischen Situation in der Schweiz enthalten (bag.admin.ch).

Technische Einflussfaktoren in Gebäuden

Die baulichen und betrieblichen Eigenschaften eines Wassersystems beeinflussen das Risiko einer Legionellen-Kontamination erheblich. Zu den wichtigsten technischen Faktoren gehören:

Warmwassersysteme

  • Wassertemperatur: In Warmwasserspeichern und Zirkulationsleitungen muss die Temperatur konsequent über 55 °C gehalten werden, um Legionellen-Wachstum zu verhindern.
  • Grösse des Wassererwärmers: Überdimensionierte Warmwasserspeicher können zu längeren Verweilzeiten des Wassers und damit zu vermehrter Biofilmbildung führen.

Kaltwassersysteme

  • Erwärmung des Kaltwassers: Wenn Kaltwasser durch unzureichend oder schlecht gedämmte Rohre neben Warmwasser- oder Heizungsleitungen geführt wird, kann sich das Wasser auf Temperaturen über 25 °C erwärmen, was die Legionellen-Vermehrung begünstigt.
  • Überdimensionierte Leitungsquerschnitte mit schwachen Verbrauchern: Führt zu stagnierendem Wasser und zu geringem Wasseraustausch des Leitungsinhalts, was günstige Bedingungen für Legionellen-Wachstum bietet.

Leitungsführung und Materialien

  • Totleitungen und selten genutzte Leitungen: Rohrabschnitte, die selten oder gar nicht durchströmt werden, bieten Legionellen einen geschützten Lebensraum.
  • Materialwahl: Bestimmte Kunststoffe können das Wachstum von Biofilmen fördern.

Wasserentnahmestellen

  • Duschen: Besonders risikobehaftet, da sie legionellenhaltige Aerosole erzeugen.
  • Strahlregler/Perlatoren und Sprüharmaturen: Diese können Biofilme und Mikroorganismen ansammeln und sollten regelmässig gereinigt oder ersetzt werden.

Prävention und Selbstkontrolle nach SVGW-Richtlinie W3/E4

Um das Legionellen-Risiko in Gebäuden zu minimieren, sind präventive Massnahmen und eine systematische Selbstkontrolle entscheidend. Die SVGW-Richtlinie W3/E4 definiert dazu klare Vorgaben:

  • Regelmässige Temperaturkontrollen: Sicherstellen, dass Warmwasser über 55 °C und Kaltwasser unter 25 °C bleibt.
  • Vermeidung von Stagnation durch gleichmässige Durchströmung des gesamten Systems. Daher sind bei Planung und Ausführung der hydraulische Abgleich und die Einregulierung des Systems essenziell.
  • Spülmassnahmen: Regelmässige Nutzung aller Wasserentnahmestellen, insbesondere in selten genutzten Bereichen.
  • Wartung und Inspektion: Periodische Überprüfung von Warmwasserspeichern, Filtern und Duschköpfen.
  • Mikrobiologische Untersuchungen: Regelmässige Wasserproben zur Kontrolle der Legionellen-Konzentration.

Fazit

Legionellen stellen eine ernste gesundheitliche Gefahr dar, die insbesondere durch technische und organisatorische Massnahmen in Gebäuden kontrolliert werden muss. Die Schweizer Regelungen tragen diesem Risiko Rechnung, indem sie zwischen Trinkwasser und Duschwasser unterscheiden und spezifische Anforderungen an Betreiber von Wassersystemen stellen. Die Selbstkontrolle nach SVGW-Richtlinie W3/E4 ist dabei essenziell. Sie verlangt regelmässige Überprüfungen, präventive Massnahmen und die konsequente Einhaltung von Hygiene-Standards. Nur durch eine umfassende Kontrolle und nachhaltige Planung kann das Risiko einer Legionellen-Vermehrung in Gebäuden minimiert werden.

Quellen

  1. SR 817.0 Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (LMG, 2022).
  2. SR 817.02 Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV, 2024).
  3. SR 817.022.11 Verordnung über Trinkwasser sowie Wasser zugänglichen Bädern und Duschanlagen (TBDV, 2024).
  4. SVGW Richtlinie W3 Erweiterung 3, Richtlinie für Hygiene in Trinkwasserinstallationen (2020).
  5. SVGW Richtlinie W3 Erweiterung 4, Richtlinie für Selbstkontrolle in Gebäude- Trinkwasserinstallationen (2021).
  6. BAG-/BLV-Empfehlungen zu Legionellen und Legionellose, Module 1 – 21 (2018 und 2024).
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